Warum ist eigentlich individuelles Lernen bereits auf dem Buchstabenweg notwendig?
Die Lernvoraussetzungen, die Schulanfänger mit in die 1. Klasse bringen, werden seit Jahren unaufhaltsam unterschiedlicher. Die individuellen Bedürfnisse der Kinder werden immer vielschichtiger und der Schriftspracherwerb muss an diese Entwicklung angepasst werden. Denn sonst zeigen sich Über- und Unterforderung nicht zuletzt in Unterrichtsstörungen oder Verhaltensauffälligkeiten, und der Unterricht führt nicht zum gewünschten Lernerfolg.
Wie sollen wir im Anfangsunterricht auf diese Hetereogenität reagieren?
Die Öffnung des Unterrichts sowie die Individualisierung des Lernprozesses, auch des Leselernprozesses, können meiner Meinung nach die einzig richtigen Antworten auf dieses Frage sein. Mit einem lehrgangszentrierten Fibelunterricht, in dem die Kinder im Gleichklang einen nach dem anderen Buchstaben lernen, können wir der Lebensrealität und damit den Kindern nicht mehr gerecht werden.
Jedes Kind sollte die Möglichkeit bekommen, im eigenen Tempo und auf dem eigenen Lernstand individuell zu lernen. Der Blick sollte sich von der Defizitorientierung wegbewegen und sich auf die individuellen Lernfortschritte und die individuellen Lernziele konzentrieren.
Wie können wir einen individuellen Lernweg im Schriftspracherwerb ermöglichen?
Zunächst muss die gängige Praxis der Buchstabeneinführung überdacht werden. Müssen wirklich alle Kinder jede Woche am gleichen Buchstaben arbeiten? Müssen am Ende einer Buchstabenübung wirklich alle Kinder das Gleiche geschafft haben? Müssen wirklich am Ende des Schuljahres alle Kinder das gleiche Arbeitsheft durchgeackert haben? Ich sage: nein, nein und nochmal nein. Letztendlich ist dieser Gleichklang ja ohnehin schon immer ein Trugschluss gewesen. Denn trotz gleicher Aufgaben haben die Kinder schon immer unterschiedlich von der Übung profitiert und bewegten sich dann am Ende des Schuljahres ja trotzdem nicht auf dem gleichen Lernniveau.
Somit sollte die Entwicklung in Richtung "komplette Individualisierung des Leselernprozesses" gehen. Jedes Kind sollte den Buchstabenweg individuell in seinem eigenen Tempo und auf seinem eigenen Lernstand durchlaufen dürfen, Gleichzeitig bedeutet das auch Verantwortung für den eigenen Lernprozess zu übernehmen. Außerdem ist individuelles Lernen natürlich nicht in einem lehrwerkszentrierten Unterricht möglich. Es braucht offene und flexibel einsetzbare Unterrichtsmaterialien.
Doch welche Unterrichtsmaterialien lassen sich in einem lehrwerksunabhängigen Anfangsunterricht einsetzen?
Während meiner Arbeit in der jahrgangsgemischten und flexiblen Schuleingangsstufe (Jami) war ich lange auf der Suche nach Unterrichtsmaterial, das sich im offenen Unterricht einsetzen lässt. Leider war es gar nicht so einfach, geeignetes Material zu finden.
Denn letztendlich braucht man nicht nur ein Material, mit dem die Kinder relativ selbstständig arbeiten können, sondern auch offene Aufgabenstellungen, die sich sehr flexibel und ohne großen Aufwand auf die unterschiedlichen Lernfortschritte anpassen lassen.
Wiederkehrende Aufgabenformate sind dabei sehr wichtig. Obendrein müssen die Übungen natürlich trotzdem sinnvoll und lernförderlich sein. Ich halte nämlich sehr wenig davon, auf dem Buchstabenweg durch Kneten oder durch Legen mit Muggelsteinchen etc zu viel Zeit für die Buchtstabenform aufzuwenden. Hauptächlich sollten die Kinder das Schreiben und das Lesen sowie deren Vorläuferfertigkeiten trainieren.
Lange war ich mit den vorhandenen Materialien nicht wirklich zufrieden und fand es auch relativ schwierig, sich nicht in einer Materialflut zu verlieren. Deshalb bin ich nun auch sehr glücklich darüber, dass ich gemeinsam mit Foerderkoffer ein eigenes Unterrichtsmaterial für den offenen Unterricht mit einem individuellen Buchstabenweg erstellen konnte.
Grundidee der Buchstaben-Helden
Grundidee des Buchstaben-Helden-Materials ist es, dass die 9 Superhelden individuelle Fähigkeiten, ihre Superkräfte, haben. Zusammen mit den Superhelden trainieren die Kinder ihre eigenen Fähigkeiten, um individuelle Lernfortschritte zu erzielen, und zwar in den Bereichen:
Anlaute, Endlaute und Mittellaute hören,
Laute verschriften,
Silben erkennen und Silbenbögen einzeichnen,
Silben schreiben,
Vokale und Silbenkerne erkennen,
erste Wörter schreiben,
Wörter mit Artikeln aufschreiben.
Dabei basiert das Unterrichtsmaterial auf der Methode "Lesen durch Schreiben". Schritt für Schritt werden die Kinder dazu befähigt, erste lautorientierte Wörter mithilfe der Lauttabelle zu verschiften (komplett lautgetreue Wörter gibt es in unserer Schriftsprache nur sehr wenige). Nach und nach verstehen die Kinder dadurch, wie in unserer Schriftsprache Laute durch bestimmte Schriftzeichen abgebildet werden. Durch das Lautieren der Wörter und das Überprüfen des Geschriebenen üben die Kinder auch das Lesen der ersten Silben und Wörter. Natürlich muss das Lesen auch noch isoliert geübt werden. Das erste Lesen wird aber definitiv durch das Verschriften lautorientierter Wörter erleichtert.
Wie ermöglichen die Buchstaben-Helden selbstständiges Lernen?
Um ein möglichst selbstständiges Üben zu ermöglichen, enthält das Material wiederkehrende Aufgabenstellungen. Es bietet sich an, die ersten c.a. 3 Buchstaben mit der ganzen Lerngruppen gemeinsam zu besprechen und zu üben, so dass die Kinder mit dem Unterrichtsmaterial und seinen Aufgabenstellungen vertraut werden. Anschließend können sicherlich die ersten - und je nach Lerngruppe vielleicht auch meisten - Kinder schon selbstständig an den nächsten Buchstaben auf ihrem ganz individuellen Buchstabenweg weiterarbeiten. Natürlich sollte die Lehrkraft die Kinder dabei gut beobachten und ihnen als Lernbegleiter*in zur Verfügung stehen. Lernfortschritte sollten dabei dokumentiert werden, um immer zu sehen, wo die nächsten individuellen Lernziele liegen.
Wie machen die Buchstaben-Helden individuelles Lernen möglich?
Durch das selbstständige Üben im eigenen Tempo vollzieht sich bereits eine natürliche Differenzierung. Zusätzlich wird durch die offenen Aufgabenstellungen auch eine quantitative Differenzierung möglich. Jeder der 9 Superhelden bringt wie bereits angesprochen seine eigene Superkraft und damit seine eigene Aufgabenstellung mit. Diese Aufgabenstellungen bewegen sich auf unterschiedlichem Niveau vom Heraushören der Anlaute bis hin zum Schreiben der Wörter inklusive Artikel. Sie sind auf Aufgabenkärtchen für die Kinder dargestellt. So können die Kinder mit ein und demselben Material an ganz unterschiedlichen Aufgabenstellungen arbeiten. Zum Beispiel notiert ein Kind vielleicht noch "nur die Anlaute", während ein anderes Kind schon die ganzen Wörter aufschreibt.
Was ist in den Buchstaben-Helden-Materialien alles drin?
Inzwischen gibt es schon eine ganze Reihe an Buchstaben-Helden-Material und weiteres ist in Arbeit. In den beiden Basis-Paketen "Buchtstaben-Helden Paket A" und "Buchstaben-Helden Paket B" findest du zu jedem Buchstaben:
die Aufgabenkarten mit den Aufgabenstellungen für Schülerhand und für die Tafel / Pinnwand,
Bildkarten mit zu den Wörtern,
Bildkarten mit den Buchstaben-Helden,
Plakate von den Buchstaben mit den Schreibrichtungen,
Sticker mit Bildern zum Wortmaterial zum Einkleben in die Hefte,
Arbeitsblätter mit den Bildern,
Kärtchen mit den Bildern und den Wörtern (für Lesedosen, Schreibspaziergänge, Purzelwörter u.v.m. einsetzbar) und
Karten zum Lesen erster Wörter für den Logico(R) Piccolo.
Den Einsatzmöglichkeiten sind quasi keine Grenzen gesetzt. Weiterführende Informationen zu den einzelnen Bausteinen findest du in den Handreichungen der beiden Buchstabenpakete.
Zusätzlich zu den beiden Basis-Paketen sind inzwischen verschiedene Zusatzmaterialien wie zum Beispiel Leseübungen, Affirmationskärtchen und Buchstabenplakate in Sternenform erhältlich. Weitere Materialien werden defintiv folgen.
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